Stefanie Kraut
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nicht fassen



In der Dämmerung und begleitet vom rhythmischen Rauschen des Meeres grabe ich immer tiefer, soweit mein Arm reicht. Nachdem ich die beiden Gefäße in das Loch gesetzt habe, verschließe ich es wieder. Von außen ist nichts mehr zu sehen. Und trotzdem gibt es etwas, das bleibt. Ich verschicke Postkarten mit dem Bericht des Geschehens. Der Poststempel bezeugt den Zeitpunkt.

Die künstlerische Aktion nicht fassen oszilliert zwischen Dasein und Wegsein. Die Worte „nicht“ „fassen“, die auf den vergrabenen Gefäßen zu lesen sind, kommentieren die Aktion. Indem sie vergraben werden, werden die Gefäße ihres Fassungsvermögens beraubt. Das Fassen wird zur künstlerischen Metapher. Die Behältnisse verlieren ihre dingliche Präsenz und lassen sich nicht mehr berühren. Für die Empfänger der Postkarten ist die Aktion lediglich mittelbar erfahrbar. Ihnen bleibt ein Bild, eine Notiz und ihr Vorstellungsvermögen.

Die Auswahl des Aktionsortes – irgendwo an der italienischen Küste – ist eine Reaktion auf die damalige Flüchtlingskrise: auf die Flucht selbst, auf das begrenzte Fassungsvermögen der Boote und Länder, die Fassungslosigkeit der Menschen, die all das erleiden und mitverfolgen, aber auch die ungreifbare Komplexität der Ereignisse.

(2016)

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